Quentin Tarantino – Es war einmal in Hollywood
Quentin Tarantino – Es war einmal in Hollywood

Quentin Tarantino – Es war einmal in Hollywood

Zwischen Hippies und Existenzkrisen

Quentin Tarantino – einer der bekanntesten und brillantesten Filmregisseure unserer Zeit, der bereits zwei Oscars in der Tasche hat – schreibt ein Buch? Ja, tatsächlich! Der Bezug zur Filmindustrie ist schnell hergestellt: So handelt Es war einmal in Hollywood über dieselbe Thematik, die bereits in seiner 2019 erschienen Krimi-Komödie Once Upon a Time in Hollywood verhandelt worden ist. Darin geht es um Rick Dalton und sein Stuntdouble Cliff Booth, die im schillernden Hollywood der 1960er und 1970er versuchen, ihr Leben zubestreiten. Ersterer macht gerade eine schwere Zeit durch. Seine Karriere als Westernheld scheint am Ende zu sein, da er nur noch für den Bösewicht besetzt wird und so die Helden pushen soll – ein Todesurteil für die Filmkarrieren einstiger Revolverstars. Der Kriegsveteran Cliff assistiert ihm, wo er kann, denn eine andere Wahl hat er als vermeintlicher Mörder nicht.Gegenteiliges liest man von Namen wie Sharon Tate und Roman Polański, die zu dieser Zeit auf dem Hoch ihres Erfolges sind und natürlich neben Rick Dalton einziehen, was für die beiden in Tarantinos Werken jedoch zum Glücksfall wird.

Eine Hommage ans Western-Genre

Zwei Dinge, die bereits aus zahlreichen Filmen von Quentin Tarantino bekannt sind, fallen auch hier gleich zu Beginn auf: Die Anspielungen auf andere Klassiker und Schauspieler:innen sowie die derbe vulgäre Sprache. Der Autor füllt Seite für Seite mit Namen von Berühmtheiten und zahlreiche Variationen des Wortes „f*cken“. Hier sei schon mal gesagt, dass man beim Lesen viel googlen muss und sollte. Wem das zu viel ist, der nimmt den Debütroman wohl lieber nicht in die Hand, da er doch seinen wahren Lesegenuss erst enthüllt, wenn man etwas über die zitierten Regisseur:innen und Darsteller:innen Bescheid weiß. Gleichzeitig lernt man dabei einiges über das fast vergessene Western-Genre und bekommt Lust, sich sogar die (von Rick Dalton abgelehnten) Spaghetti-Western anzuschauen. 

Tarantinos Schreibstil lässt sich als filmische und fast schon klischeehafte Schreibweise eines Drehbuchschreibers identifizieren: Die unzähligen Verweise auf Mediengrößen sorgen für intermediale Bezüge zum Film und oft, wenn Passagen über gedrehte Szenen an Sets oder die Beschreibungen eines Raums folgen, haben die Rezipient:innen das Gefühl, Regieanweisungen zu lesen – was jedoch dem Roman keinen Abbruch tut, im Gegenteil!

Der Begleitroman zum Film?

Es war einmal in Hollywood ist der Debütroman eines Filmregisseurs zu einem Film, den er selbst gedreht hat, das merkt man. Jedoch werden hier wunderbar die unbegrenzten Seiten für die Entwicklung und Biografien der Charaktere genutzt, was aufgrund der engen Handlungszeit des Films 2019 zu kurz kam. Zuvor konnte man als Zuschauer:in nur spekulieren, ob Cliff Booth seine Frau getötet hat oder was Rick Dalton während der unzähligen Rückschläge durch den Kopf ging – hier erfährt man es aus erster Hand. Auch Charles Mansons Erfolgsdurst als Musiker und sein Wirken auf minderjährige Mädchen werden hier durchgespielt, weswegen man nicht um das genauere Nachschlagen der wirklichen Ereignisse drum herumkommt. Am meisten Eindruck schindet aber Trudi, die junge Schauspielkollegin von Rick Dalton, die im Film etwas unterging. Im Roman beeindruckt die 8-jährige mit ihrer erwachsenen Denkweise und ihrer Spontanität, die den eingeschlafenen Bounty-Law-Star zu neuem Glauben an sich selbst verhilft. 

Der Film und das Buch gehen Hand in Hand und ergänzen sich an den genau richtigen Stellen, können aber als eigenständige Werke betrachtet werden. Allein der enorme Wissensschatz von Quentin Tarantino beeindruckt und macht die Lektüre darüber hinaus zur Geschichtsstunde über das Hollywood der 1960er und 70er Jahre. Um das Eintauchen in die vergangene Populärkultur noch zu steigern, empfiehlt sich außerdem während des Lesens,den Soundtrack zum Film und 60s-Klassiker aufzulegen – es wird sich lohnen!

von Celine Buschbeck

Quentin Tarantino
Es war einmal in Hollywood
Aus dem Englischen von Stephan Kleiner und Thomas Melle
Kiepenheuer & Witsch 2021
416 Seiten
25 Euro

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